Eine Reise nach Nord-Rumänien, Buchenwald und zum 20. Sachsentreffen in Bistritz. Friederike Paulini berichtet über die Reise vom 10. bis 22. September 2010 und dokumentiert mit wunderschönen Bildern.
Nach der Wende trafen sich die Sachsen in Siebenbürgen jedes Jahr einmal in Birthälm, 2007 in Hermannstadt und in diesem Jahr 2010 sollte das 20. Treffen in Bistritz stattfinden. Bistritz wurde wieder „bekannt und interessant“ durch den katastrophalen Brand des Kirchturms und eines Teils des Kirchendaches. Ein Schaden, der mit besonderer Anstrengung und Dank des engagierten Einsatzes der HOG Bistritz Nösen e.V. zum großen Teil in zwei Jahren behoben werden konnte. So wurde das eigentliche Sachsentreffen mit einer Reihe Bistritzer Ereignisse umrundet.
Aus diesem Anlass hat die HOG Bistritz Nösen e.V. zusammen mit dem Kreisverband der Siebenbürger Sachsen Nürnberg eine Rundreise in den Norden Rumäniens, Bucovina, Nordsiebenbürgen und Bistritz ausgeschrieben. Annemarie Wagner rief und aus ganz Deutschland trafen Interessierte, ehemalige Bistritzer aus dem Nösnerland sowie auch interessierte „Reichs“-Deutsche in Nürnberg ein, um an dieser Fahrt teilzunehmen.
Die Abreise - Freitag, 10. September 2010
Am Morgen des 10. September 2010 füllte sich der Bus nach und nach. In Österreich stiegen die letzten Fahrgäste ein. Ein besonders weitgereister Gast kam aus Kapstadt. Da gab es ein Fragen „wer bist Du, woher kommst Du“ oder ein Wiedersehen und neu Kennenlernen.
Wir waren eine bunte gut gemischte Gruppe. So verging der erste Tag relativ schnell. Wir trafen abends in dem mit internationalen Gästen bevölkerten Hotel in Budapest ein.
Samstag, 11. September 2010
Am nächsten Tag regnete es bis zur Grenze Rumäniens, die wir in der Nähe von Satu Mare überquerten. Mit Diana Nistor, der jungen rumänischen Reiseleiterin, die sehr kompetent in recht gutem Deutsch von nun an die Reiseleitung übernahm, hatten wir den Sonnenschein gepachtet.
Bis hierher, aber immer wieder auch im Verlauf der weiteren Fahrt, hat uns auch Dr. Kroner wichtige Informationen geliefert. Wir sind beiden sehr dankbar. Ich war erstaunt wie frei darüber gesprochen wurde, dass es hier eine ganze Reihe von deutschen Siedlungen gegeben hat und wie wichtig sie für die Entwicklung und Fortschritt des Landes waren. Zu der Zeit, als ich in Rumänien aufgewachsen bin, waren solche Fragen öffentlich nicht ansprechbar.
In den Informationspausen hatte Anna Montsch die Gelegenheit mit eigenen Gedichten die Fahrgäste zu erheitern oder nachdenklich zu stimmen. Auch einige Geschichten aus dem Land der Zipser wurden von Brigitte Skurka vorgelesen und haben unser Wissen bereichert.
In Baia Mare übernachteten wir in einem sehr guten Hotel und besuchten am nächsten Morgen das Mineralogiemuseum wo wir viele Interessante Einzelheiten über die Gesteine und den Bergbau in der Gegend erfuhren.
Sonntag, 12. September 2010
Auf der Weiterfahrt durch eine wunderschöne Landschaft musste unser Busfahrer Kurt einige diffizile Wegstrecken mit unserem 15 Meter langen Bus meistern. Er tat das mit Bravour und Umsicht. Dafür bekamen wir eine winzige alte Holzkirche in Surdesti zu sehen. Es war Sonntag, die Kirche voll besetzt und es gab eine Trauung. Viele mussten draußen auf dem Rasen um die Kirche Platz nehmen.
Als das „Vater Unser“ rumänisch erklang konnte ich mitbeten und Gott danken, dass ich diese wunderschöne Fahrt mitmachen durfte. Nachdem alle ihre Fotos gemacht hatten, ging die Fahrt weiter. An diesem Tag hatten wir unser Mittagessen auf einem Bauernhof in Oncesti. Die Tische waren reichlich gedeckt. Das Essen schmeckte gut und die Tuika durfte nicht fehlen.
Wir besichtigten im weiteren Verlauf noch ein Freilichtmuseum, um am Abend in Sighetul Marmatiei einzutreffen.
Montag, 13. September 2010
Am nächsten Tag besichtigten wir weitere alte Holzkirchen, eine neu gebaute Orthodoxe Kirche und ein ganz neues, landschaftlich wunderschön gelegenes Kloster, in Barsana. Mittagessen gab es wieder auf einem Bauerhof, in Botiza. Wir sahen den „heiteren Friedhof“ in Sapanta, mit bemalten Grabholzkreuzen und satirischen Sprüchen zu Begebenheiten aus dem Leben der Verstorbenen.
Abends, beim Abendessen, konnten wir uns an Folklore aus der „Tara Oasului“ erfreuen. Eine Kindertanzgruppe sowie eine Sängerin mit Begleitung in wunderschönen bunten Trachten, gaben ihr Bestes.
Nun ging die Fahrt über den höchsten Pass in der Gegend, den Prislop, in Richtung Bucovina, nach Suceava. Am Pass gab es Mittagessen aus der guten und reich bestückten Bordküche des Busses. Annemarie und ihre freundlichen Helfer waren immer wieder, auch während der Fahrt bemüht, alle Wünsche zu erfüllen.
Dann ging es weiter und wir sahen das sehr gut erhaltene und restaurierte Kloster Moldovita mit seinen reich bemalten Außenwänden. Schwester Tatjana hat uns in einer beeindruckenden Weise die Wandmalereien und ihre Bedeutung erklärt. Bei der darauffolgenden Besichtigung von Kloster Voronet hat das unsere Reiseleiterin Diana auch erstaunlich kompetent übernommen. Am Abend kamen wir dann in Suceava, der Hauptstadt der Bucovina, an.
Dienstag, 14. September 2010
Am nächsten Tag sahen wir noch die Klöster Putna und Sucevita. Zum Abschluss konnten wir uns auch von der Burg des Stefan cel Mare, nun Ruine, einen Eindruck verschaffen mit seinen mächtigen Mauern. Dr. Kroner konnte uns wieder einige Details dazu sagen.
Mittwoch, 15. September 2010
Am nächsten Tag dann näherten wir uns unserem Ziel. Durch die herrliche Landschaft des Tihuta Passes, mit einem Mittagessen im Dracula Hotel ging es nach Bistritz.
Wir fuhren durch die ersten Dörfer des Nösnerlandes, zuerst Jaad, dann Wallendorf, bei deren Anblick es einem schon schwer ums Herz werden konnte. Einige erkannten schon die Häuser, die sie einst verlassen hatten. Manche gut erhalten andere weniger gut. Dann kamen wir nach Bistritz und fuhren, der Tradition der Fahrten mit Annemarie gemäß, durch die Stadt und um unsere schöne Kirche, deren Turm zwar noch mit Gerüst umgeben, aber doch wieder mit den Türmchen und der Uhr – das Wahrzeichen der Stadt- hoch aufragt, zum Hotel.
Das ist ein erhebendes Gefühl so in die Stadt einzufahren. Früher kam man mit dem Zug aus Klausenburg und sah von Ferne den Bistritzer Turm und wusste man ist zu Hause. Die Stadt ist im Kern noch so geblieben, wie sie war, die Umgebung hat sich aber stark verändert. Die Stadt ist praktisch zusammengewachsen mit Wallendorf und Heidendorf.
Nun begann ein reichhaltiges Programm, das jeder nach seinem Wunsch wahrnehmen konnte.
Unser Bus fuhr mit einem großen Teil der Gäste, denen sich auch ein Teil der Tanzgruppe Nürnberg und Besucher aus Sachsenheim anschlossen, nach Jaad, wo ein schöner und genussreicher Aufenthalt auf einer Schafalm mit Lammgulasch, frischem Käse und Unterhaltung auf uns wartete. Andere waren bei der 140-Jahr Feier der Ackerbauschule dabei.
Abends gab es ein Konzert des Blasorchesters aus Traun und Landshut im Pavillon auf der Promenade. Auf der Terrasse gab es „Mici“ und Bier und Wiedersehen mit alten Bekannten.
Samstag, 18. September 2010
Am Samstag hielt Bischof Dr. Christoph Klein die Festpredigt in der Stadtpfarrkirche. Die neuen Glocken riefen zum Gottesdienst und die Kirche füllte sich bis auf den letzten Platz.
Sonntag, 19. September 2010
Am Sonntag gab es dann einen Gottesdienst mit Abendmahl, da predigte der ehemalige Stadtpfarrer von Bistritz, Pfarrer i.R. Kurt Franchy. Viele, die ihn noch von früher kannten, waren tief beeindruckt.
Leider hatte sich das Wetter verschlechtert, was aber den Veranstaltungen keinen Abbruch getan hat. Es gab einen Festakt mit Grußworten der Ehrengäste und Abspielen der Hymnen. Dann einen Umzug unter Regenschirmen. Es waren viele Siebenbürger gekommen von nah und fern. Gruppen aus Bistritz, Hermannstadt, Schäßburg, Landshut Deutschland, Traun Österreich, aus Nürnberg, Sächsisch Regen und Gruppen des Deutschen Forums in Siebenbürgen und des Vorstandes der HOG Bistritz. Danach traten die verschiedenen Tanzgruppen auf einem überdachten Podest auf.
Fast gleichzeitig fand eine Veranstaltung im Gewerbeverein statt, wo Peter Pastior, Vorsitzender des Sozialwerkes der Siebenbürger Sachsen die Honterus Medaille verliehen wurde und Manfred Dachner, L.Poliziedirektor Neubrandenburg und Dr. Hans Georg Franchy die Ehrenbürgerschaft der Stadt Bistritz. Anschließen gab es ein wunderschönes Konzert mit Werken u.a. von Verdi, Mozart und Johann Strauß.
Als Abschluss des Tages lud der Bürgermeister der Stadt Bistritz, Ovidiu Cretu, 500 Gäste zu einem Festessen in einem großen Zelt, das in der Fußgängerzone der Holzgasse aufgebaut worden war, ein. Es wurde mit Musik zum Tanzen und rumänischer Folklore umrahmt.
Sonntag, 19. September 2010
Am Sonntag Nachmittag fuhr unser Bus nach Mönchsdorf, wo wir die renoviert Basilika besichtigen konnten. Dann sahen wir Tekendorf, Lechnitz, Wermesch wo die Kirchen zum Teil verfallen. Die Fahrt mit dem Bus durch die von früher bekannte Gegend hat wehmütige Erinnerungen geweckt, war aber gerade deshalb schön.
Montag, 20. September 2010
Am nächsten Tag fuhr der Bus noch nach Senndorf, Deutsch Budak, Minarken, Petersdorf, und Oberneudorf. Viele waren tief bewegt, als in Senndorf vom Kirchturm plötzlich die Glocken zu läuten begannen, als sie davor halt machten. Auf dem Rückweg um die Mittagszeit, wurden sie von Familie Andrecut in Oberneudorf, mit einem traditionellen Essen bewirtet.
Ein Teil der Gäste war in Bistritz geblieben, weil im Gymnasium, das ich sehr gerne besucht hatte, eine Jubiläumsveranstaltung stattfand. 100 Jahre seit dem Umzug und dem Beginn des Unterrichtes im neuen Gebäude auf der Fleischerallee.
Danach hatten wir noch Zeit durch Bistritz zu gehen. Die Urenkelin des ersten Direktors im Gymnasium auf der Fleischerallee war mit in unserer Reisegruppe und konnte nach der Feier im Gymnasium, wo sie überraschender Weise auch geehrt wurde, das Haus finden, in dem sie geboren wurde.
Ich bin durch die Straßen gewandert, auf den Friedhof, wo mein Vater, mein Onkel meine Großeltern ruhen, aber auch Schulkollegen. Das hat mich alles sehr beeindruckt und wehmütig gestimmt.
So konnten alle aus unserer Reisegruppe, sei es in Bistritz selbst oder auf den Dörfern ihre Geburtsorte suchen und finden, Erinnerungen austauschen, neue Freundschaften knüpfen. Auch die, die Rumänien und Siebenbürgen noch nicht kannten, haben unvergessliche Eindrücke sammeln können.
Die Rückreise - Dienstag, 21. September 2010
Als wir Bistritz am Dienstag Morgen verließen, schien wieder die Sonne und wir konnten den Kirchturm nun von Sonne beschienen zum Abschied sehen. Beim Verlassen der Stadt stimmte jemand im Bus das Lied „Nun Ade du mein lieb Heimatland“ ein. Für viele wird es wohl der letzte Abschied von der alten Heimat sein.
Auf der Rückreise haben wir wieder in Budapest übernachtet. Als wir in Budapest einfuhren, haben wir bei untergehender Sonne noch einen Blick auf die prächtigen Bauten der Burg, der Fischerbastei und der Kettenbrücke werfen können.
Am letzten Abschnitt der Fahrt haben wir den Film über die Entstehung der neuen Glocken von Bistritz sehen können. Angefangen von der Vorbereitung und dem Glockengießen in Passau, dem Montieren und der Glockenweihe in Bistritz. Das war ein schöner Abschluss der Reise.
Dann verließen uns nach und nach die Fahrgäste, die in Österreich, in Donautal und Regensburg zugestiegen waren und wir kamen wohlbehalten in Nürnberg an.Wir haben eine Reise in die Vergangenheit zu unseren Wurzeln gemacht, aber auch gesehen, dass sich vieles geändert hat und es auch eine Zukunft gibt, wenn wir auch nur bei gelegentlichen Besuchen daran teilhaben werden.
Wir danken besonders Annemarie Wagner, unserer Reiseleiterin, für diese äußerst gut organisierte Reise. Wir danken aber auch Kurt Penteker, der uns sicher über die vielen Kilometer wieder nach Hause gebracht hat. Vielleicht auf bald.
Friederike Paulini, Wiehl-Drabenderhöhe
Friederike Paulini, geborene Franchy, wurde am 2. August 1942 in Großwardein als zweites von vier Kindern und einzige Tochter von Viktor und Wilhelmine Franchy geboren. Zurückgekehrt nach der Evakuierung 1944, wuchs sie in Bistritz auf.
Nach dem Abitur 1960 war sie ein Jahr Kindergärtnerin in Jaad. Am 21. Oktober 1961 heiratete sie den Pfarrer Michael Paulini. Sie hat drei erwachsene, verheiratete Kinder und zwei Enkelkinder.
Im Jahr 1984 kam sie mit ihrer Familie nach Deutschland. 1986 wurde die Ehe mit Michael Paulini geschieden. Von 1985 bis 2005 war sie beim Kirchenkreis An der Agger in Gummersbach tätig.
Seit Ihrem Eintritt in den Ruhestand ist sie ehrenamtlich für den Kreisverband der Evangelischen Frauenhilfe, beim Evangelischen Frauenkreis der Kirchengemeinde Drabenderhöhe, im Kirchenchor, tätig und freut sich jedes Mal, wenn sie ihre Enkel betreuen darf.
Bildmaterial & Fotos: Friederike Paulini