„Die Wurzeln der Partnerschaft zwischen Wels und Bistritz liegen rund 70 Jahre zurück, als gegen Ende des Zweiten Weltkrieges aus Nordsiebenbürgen mit Bistritz als kulturellem Zentrum zahlreiche Siebenbürger Sachsen vor der herannahenden Ostfront fliehen mussten, ihre seit Jahrhunderten angestammte Heimat hinter sich lassen mussten und zahlreiche dieser Menschen in Österreich, und von diesen wiederum viele bei uns in Wels ein neues Zuhause fanden. Mit ihrem bekannten Sinn für Ordnung und Gemeinschaft halfen auch die Siebenbürger Sachsen entscheidend mit, dass auch in Wels aus den Trümmern des Zweiten Weltkrieges eine blühende und florierende Stadt wurde. … Als Bürgermeister von Wels und persönlich wünsche ich mir von unserer Partnerschaft, dass sie dazu beiträgt, die bereits bestehenden Kontakte zu intensivieren. Möge sie zum noch besseren gegenseitigen Kennenlernen und zu einer fruchtbaren Zusammenarbeit vor allem in den Bereichen Wirtschaft, Bildung, Kultur und Tradition beitragen!“ Große Worte von Bürgermeister Dr. Peter Koits in seiner Festrede am 27. September, zwei Wochen nach dem ähnlichen Festakt in Bistritz nun in einer der guten Stuben der Stadt Wels, im Festsaal des früheren Minoritenklosters, vor einem ausgewählten Auditorium: Bürgermeister Ovidiu Crețu mit einer Bistritzer Delegation, Vertreter der ev.-luth. Kirche aus Rumänien unter Leitung von Bischof Reinhart Guib, Gäste aus Politik, Kultur, Wirtschaft der Stadt Wels, die Spitzen des Bundesverbandes der Siebenbürger Sachsen in Österreich (Bundesobmann Hofrat Mag. Pfr. Volker Petri, Ehrenobmann Konsulent Dr. Fritz Frank, Landesobmann Manfred Schuller …), der lokalen Kulturgruppe der Siebenbürger Sachsen, von Nachbarschaftsvater Dipl. Ing. Dr. Christian Schuster angeführt, sowie Vertreter der HOG Bistritz Nösen. Bürgermeister Dr. Peter Koits verwies in seiner Festansprache auf den besonderen Zeitpunkt des Abschlusses der Städtepartnerschaft, denn vor genau 25 Jahren sei der Eiserne Vorhang gefallen: "Seitdem ist es für die Bürgerinnen und Bürger unserer Staaten wieder möglich, miteinander in Kontakt zu treten und sich gegenseitig zu besuchen". In seiner Festrede betonte Bürgermeister Ovidiu Crețu den gesamteuropäischen Rahmen auch dieser Partnerschaft mit ihrer historisch bedingten Besonderheit: „Bürger von Wels sind Nachkommen derjenigen Bistritzer Sachsen, die in Siebenbürgen zivilisatorisch prägend gewirkt haben und 1944 kriegsbedingt ihre Heimat verlassen mussten. Sie können, wenn sie zu uns kommen, die Herkunftsorte ihrer Vorfahren besuchen, die europäische Komponente des friedlichen, kulturell befruchtenden Austauschs zum gegenseitigen Nutzen unserer Städte und ihrer Bewohner stärken.“ Er zitierte dann aus dem Partnerschaftsvertrag: „Als Mitglieder der Europäischen Union wollen wir möglichst viel zu den Bemühungen um Frieden, Wachstum und zur europäischen Einheit beitragen.“ Der Festakt wurde neben dem Festessen auch zu einem musikalisch-tänzerischen Genuss besonderer Art: Das Lehrerstreichquartett der Landesmusikschule Wels empfing uns mit den Nationalhymnen Rumäniens und Österreichs („Deșteaptă-te Române …“ von einem Streicherquartett gespielt, ist schon etwas Besonderes) und verwöhnte die Anwesenden mit Mozarts Streichquartett Nr. 2 D-Dur (Allegro), mit der Annen-Polka von Johann Strauss und der Europa-Hymne. Die Welser Tanzgruppe (gekonnt von Günther Dobrauz am Akkordeon begleitet) machte den vorher in den Reden betonten europäischen Bogen mit gepflegtem Ausführen des siebenbürgischen „Budaker“ und einer aus Dänemark stammenden „Soderburger Doppelquadrille“ deutlich sichtbar. Das Publikum dankte mit begeisterndem Applaus. Am Nachmittag des Festtages trafen sich mehrere hundert Gäste von nah und fern in der Welser Stadthalle bei der großen österreichischen Gedenkveranstaltung „70 Jahre seit der Evakuierung 1944“. Darüber mehr in der nächsten Folge der SBZ.

Horst Göbbel