„Der Nordturm der alten Nikolauskirche war schon im 15. Jahrhundert so baufällig geworden, daß er abgetragen werden mußte. Im Jahre 1478 wurde dann mit dem Bau des neuen Turmes begonnen, der nicht nur als Kirchturm, sondern vor allem auch als Wachtturm für die Sicherheit und Verteidigung der Stadt eine wichtige Aufgabe zu erfüllen hatte.
Die Anlage des neuen Turmes außerhalb der Außenmauern der Kirche geht wohl auf das Bestreben zurück, das neue Bauwerk aus Gründen der Standsicherheit möglichst unabhängig von der baufälligen Kirche zu machen. Die Verbindung des neuen Turmes mit dem Mauerwerk der alten Kirche erfolgte im Jahre 1487. Während des Turmbaues ist auch der pfeilerartige Treppenanbau aufgeführt worden, um der stark überhängenden Mauer der Westfassade Halt zu geben, die durch die Abtragung des Nordturmes sehr geschwächt worden war. Diese Annahme wird dadurch bestärkt, daß der neue Turm keinen eigenen Aufgang besitzt und nur durch den erwähnten Treppenpfeiler zu erreichen ist.“
So beschreibt Otto Dahinten den Bau des Turms der evangelischen Stadtpfarrkirche in Bistritz in seinem Werk „Geschichte der Stadt Bistritz in Siebenbürgen", das 1988 im Böhlau Verlag Köln Wien erschien, herausgegeben von Ernst Wagner aus dem Nachlass von Otto Dahinten.
Am 11. Juni 2008 legte ein verheerender Brand den Turm und einen Teil des Kirchdachs in Schutt und Asche. Schon 1857 war der Turm abgebrannt, doch nach wenigen Jahren hatten ihn die Bürger der Stadt bereits wieder aufgebaut.
Nach dem Brand 2008 konnte niemand an einen schnellen Wiederaufbau denken, war doch die Größe der evangelischen Kirchengemeinde auf unter 300 Seelen geschrumpft. Doch das Wunder ist geschehen. Die Bistritzer Bevölkerung, die evangelische Kirchengemeinde, die in der Diaspora lebenden, ausgewanderten Bistritzer, und vor allem die Stadtverwaltung Bistritz mit ihrem Bürgermeister Teodor Ovidiu Creţu an der Spitze haben in nur vier Jahren den Wiederaufbau geschafft.
Neue Glocken, eine neue Uhr, ein Personenaufzug und ein neues Erscheinungsbild begeistern jeden Betrachter. So schön haben nicht viele Bistritzer in den vergangenen Jahrhunderten den Turm gesehen. Er ist zusammen mit der Kirche das weit über die Grenzen von Bistritz hinaus sichtbare Symbol der Stadt. Wir können gemeinsam stolz auf das bisher Geleistete sein und Gott für die Wiederherstellung danken.
Die Renovierungsarbeiten an der Kirche gehen weiter. Wir sind zuversichtlich, dass bis zum 450. Kirchweihfest im August 2013 auch das gesamte Gewölbe der Kirche in neuem Glanz erstrahlen wird. Gott segne alle, die dazu beitragen.
Dr. Hans-Georg Franchy
im November 2012
Der neue Turm - von gestern bis heute:
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Bild 01: Die Phasen des Turmbaus
Bild 02: Der Turm vor dem Brand - Aufnahme vom 17.05.2008
Bild 03: Der Turm brennt - Aufnahme vom 11.06.2008
Bild 04: Der ausgebrannte Turm - Aufnahme vom 21.06.2008
Bild 05: Der eingerüstete Turm im Jahr 2009
Bild 06 und 07: Der fertiggestellte Turm - Aufnahmen vom 5.11.2012
Bild 08 bis 12: Der schöne neue Turm - Aufnahmen im November 2012, © Lucian Moise