Als seine Altersgenossen an die Front zogen, um dort zu kämpften, schrieb er ihnen sog. Sonntagsgrüße. An einem Sonntag sogar an 14 seiner Landsleute. Pfarrer Günther Litschel, ein Sohn des Dorfpfarrers, mit Michael etwa gleichaltrig, bezeichnete diese Briefe als Seelsorge an Michaels Freunden. Mancher Brief mag auch als Mahnung verstanden worden sein: Komm heim! ist ein solches Gedicht ...

 

Komm heim!

Steh still ein Weilchen Kammrad, hörst du den Märzwind wehn?

Was willst du in der fremden Stadt, wo grau die Häuser stehn?

Ich seh, du bist aus hartem Holz, bist zäh, was willst du hier?

War nicht der Acker einst dein Stolz? War's nicht der Gärten Zier?

......

Nach starken Händen ruft das Land, komm heim, mach dir's nicht schwer,

wer sich von Feld und Pflug gewandt, hat keine Heimat mehr.

 

Wolf erkannte die Gefahren der neuen Ideologien, die auch vor seinem Heimatdorf nicht Halt machten. Er litt wohl daran, dass mancher Landsmann seine Wurzeln zu vergessen drohte, und fremdem Rufen folgte. Seiner Sorge gibt er Ausdruck, wenn er schreibt ....

 

Es ist noch nicht damit getan, dass Fahnen vor uns sind und Zeichen und uns ein Führer zeigt die Bahn.

Noch spricht uns jede Stunde an: Ihr werdet nie das Ziel erreichen.

 

Da Michael Wolf keine Feldarbeiten verrichten konnte, war er oft viele Stunden allein. Dann las er. Besonders gerne in der Bibel. Aus dieser Lektüre entstanden unzählige Gedichte. Unter Anderem setzte er Psalmen in unsere Alltagssprache um.

 

Im folgenden Gedicht erkennen wir Gedanken aus den Evangelien, dem 139. und dem 23. Psalm ...

 

Sei du bei mir

Wohin ich immer mich mag wenden, es ist kein Hoffen außer dir.

Mit deinen starken treuen Händen, sei du bei mir!

 

Wenn ich die breite Straße wähle, so führe mich der schmalen zu.

Verschmachtet mir auch Leib und Seele, bleib du mir, du!

 

Wenn es dem Herzen lang will werden und Dunkel meinen Weg verhüllt,

wenn Not und Sünde mich gefährden, sei du mein Schild!

 

Mein Stab, mein Hort, dem ich darf trauen, wenn nah die Nacht, die Herberg weit,

und lass mich einst dein Antlitz schauen in Herrlichkeit!

 

Exaudi

 

Alle Weiten sind voll Licht, alles drängt sich zu gestalten. –

Neigen will ich mein Gesicht und die schweren Hände falten.

 

Dass der Herrgott Saft und Kraft, Sonne, Wind und Regen sende

und auch heuer Brot uns schafft und den Hagel von uns wende!

 

Über Dorf und Acker hin jubeln helle Lerchenchöre –

Lobend lieg ich auf den Knien: Herr erhöre, Herr erhöre!

 

Einige Wochen später sieht Michael im Geist seine Landleute, die beim Abendmahl in der Kirche versammelt sind ...

 

„Sie neigen betend sich vor dem Altare,

zu teilen mit dem Ew'gen Kelch und Brot.

Den Duft des Ackers noch in Kleid und Haare,

die Hände schwielig und voll Sünd und Not.

 

Mühsel'ge sind sie, vor ihm ausgebreitet

sind ihre Seelen mit dem großen Leid.

Es drängt zum Mahl sie hin, das liebend ist bereitet

vom Heiland hier in dieser Zeitlichkeit.

 

Und während still sie mit bereitem Munde,

bereiten Herzen auf den Stufen knien,

fühlt jeder eins nur: dass in dieser Stunde

Gott alle Schuld beglichen und verziehn!